OCHSENHAUSEN
- Es war großartig. Anders lässt sich die Ochsenhausener Premiere
des Stückes "Pippi Langstrumpf" von Astrid Lindgren nicht
beschreiben. Die Zusammenarbeit von Jugendkunstschule und Amateurtheater
Ochsenhausen dürfte Maßstäbe setzen. Star des Abends war
Selina Rueß. Sie brilierte in der Hauptrolle - nein, sie war die
echte Pippi Langstrumpf.
Man ist angesichts der Kinderrollen in Astrid Lindgrens
Klassiker geneigt, ein Kindertheater zu erwarten, vielleicht kindlich
gespielt. In Ochsenhausen jedoch wird professionelles Theater geboten,
das zu Recht vom Publikum am Schluss Applaus im Stehen erhielt.
Die Handlung ist eingebettet in ein tolles optisches und akustisches Umfeld:
das Bühnenbild von Eva-Sabine Graupner vermittelt das Flair einer
Villa Kunterbunt. Die souveräne Projektband der Jugendmusikschule
Ochsenhausen identifiziert sich mit Roy Spillers Kompositionen und Arrangements
sowie den Texten. Dazu kommt eine gelungene Kostümauswahl.
Immenses Textpensum
Und dann die Schauspieler: Es ist die Rolle der Pippi Langstrumpf, die
über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Erschwerend kommt hinzu,
dass die Kinderrolle ein immenses Text-Pensum aufweist. Es ist in Ochsenhausen
gelungen, mit Selina Rueß die beste Besetzung für diese Rolle
zu finden, die sich nur denken lässt. Mit einer bemerkenswerten Bandbreite
von Ausdrucksformen, verbunden mit kindlicher Natürlichkeit, zugleich
perfekt und professionell bis ins Detail, fegt sie mitreißend durch
das Stück. Eine Pippi Langstrumpf, wie kein Regisseur sie sich besser
wünschen könnte.
Es gibt kaum echte Nebenrollen und so müssen Pippis Freunde, Thilo
Denzel als Thomas und Anna Patzelt als Annika einiges leisten, was sie
aber souverän absolvieren. Besonders zu erwähnen ist das enorme
Pensum, das Clemens Schlecht als Affe "Herr Nilsson" einbringt.
Eindrucksvolle Auftritte
Die Profis vom Amateurtheater bilden mit ihrer schauspielerischen Routine
und Begabung das Gegengewicht zur kindlichen Unbefangenheit. So haben
Hildegard Schäfer als Frau Prysselius und Brunhilde Bürgin als
Frau Granberg sehr starke Auftritte, bei denen sich Selina Rueß
exzellent in Szene setzen konnte - zum Entsetzen von Ruth Wessels als
Frau Settergren. Auch Otto Angele und Manfred Hörmann als Polizisten
beweisen ihre komödiantische Vielseitigkeit. Ebenfalls starke Figuren
sind die Diebe,
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(Text und Foto: Gerhard Bauer)
gespielt von Gebhard Grimm und Manfred Licht. Heidi Albinger-Seel nimmt
man die Lehrerin sofort ab, während Bauchtänzerin Mareike Wessels
überzeugend exotisches Flair bietet. Eigene Akzente setzen Albert
Schädle als starker Adolf wie auch sein schräger Manager, gespielt
von Oliver Falk - und natürlich Multitalent Boris Kappler, der als
Kapitän Langstrumpf mit seiner Truppe und dem Schiff "Hoppetosse"
einen eindrucksvollen Auftritt hinlegt.
Was wären Handlung und Schauspieler ohne den Regisseur, der es versteht,
einfühlsam und zugleich fordernd das noch unausgegorene Ganze zu
einer solch begeisternden Darbietung hinzuführen. Es ist unzweifelhaft
das Verdienst von Regisseur Gunther Dahinten, dass es eine strahlende
Premiere gab, wie man sie lange nicht gesehen hat. Da Capo!
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